Steigender wirtschaftlicher Druck im Gesundheitssystem ist seit geraumer Zeit eine tägliche Herausforderung für Krankenhäuser. Bei stetig steigenden Patientenzahlen und kürzeren Verweildauern verschärfen der demografische Wandel, der fast die Hälfte der Pflegekräfte und einen Großteil der Ärzte trifft, und der mittlerweile drastisch spürbare Fachkräftemangel zusätzlich die Lage. Hinzu kommt ein verändertes Bedürfnis der jungen Generation, die Balance zwischen Job, Familie und Freizeit hinzukriegen. Die Führung einer Einrichtung muss sich diesen Herausforderungen stellen und sich fragen, wie kann das Krankenhaus neue Mitarbeiter gewinnen, wie kann es im harten Wettbewerb um zukünftige Mitarbeiter als Arbeitgeber attraktiv wirken? Doch nicht nur neue Mitarbeiter wollen gewonnen, sondern auch gut eingearbeitete, qualifizierte Kollegen gehalten werden. Für diese ist es wichtig, Unterstützung anzubieten, mit den psychischen und physischen Belastungen im Berufsalltag besser umgehen zu können. Auch müssen sich Arbeitgeber Gedanken dazu machen, wie Arbeitsprozesse strukturiert und organisiert werden können, um den Anforderungen des Gesundheitssystems zu entsprechen, zugleich aber human zu sein?
Am Anfang aller Überlegungen steht das Erheben eines Status Quo, das Erlangen des Wissens darüber, wie es um die Unternehmenskultur steht. Wurden Anfang des Jahrtausends Mitarbeiterbefragungen noch als „Kosmetik“ und „Zeitverschwendung“ belächelt, gehören Sie heute als ein wichtiger Baustein ins Repertoire der Personaler. Die Erkenntnisse aus solchen Befragungen markieren den Startpunkt für mögliche Maßnahmen, die die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit den Arbeitsbedingungen, mit der Führung und der Unternehmenskultur herstellen bzw. steigern sollen.
Welche Faktoren beeinflussen die Mitarbeiterzufriedenheit in Krankenhäusern?
Das renommierte Picker Institut untersucht im Auftrag von Krankenhäusern die Zufriedenheit der Beschäftigten und analysiert regelmäßig die aggregierten Daten. Den Analysen des Institutes zufolge gestalten sich die Einflussfaktoren, die eine gute Mitarbeitererfahrung begründen, unterschiedlich, abhängig von der jeweiligen Berufsgruppe. Während für die Ärzte das Verhältnis zu den direkten Vorgesetzten (22%), das Verhältnis zu direkten Kollegen (14%), die Führungs- und Unternehmenskultur (13%) den größten Einfluss auf ihre Arbeitszufriedenheit hatten, sahen die Pflegekräfte die Führungs- und Unternehmenskultur (17%), die Arbeitsbelastung (16%), die Bedingungen der Patientenversorgung (13%) sowie das Verhältnis zu direkten Vorgesetzten (12%) als wichtigste Einflussgrößen an.
Gemäß Picker Report 2013 gibt es auch bei der erlebten Arbeitssituation und den Verbesserungsbedarfen berufsgruppenspezifische Unterschiede.
Wichtigste Verbesserungspotentiale in % (Pflege/Ärzte):
- Arbeitsbelastung (49/57)
- Führungs- und Unternehmenskultur (48/50)
- Personalqualifizierung (47/54)
- Bedingungen der Patientenversorgung (46/39)
- Verhältnis zu direkten Vorgesetzten (36/38)
Während bei den obigen Faktoren hohe Problemhäufigkeiten gemessen wurden, scheint der zwischenmenschliche Umgang (17/13) und das Verhältnis zu direkten Kollegen (19/18) bei beiden Berufsgruppen zu funktionieren.
Mitarbeiterpartizipation – positive Erfahrungen
Organisatorische und strukturelle Veränderungen, die z.B. im Rahmen von Neu- und Umbaumaßnahmen oder aus anderen Gründen erfolgen, vollziehen sich nicht unbemerkt. Jede Veränderung, alles Neue ist den Menschen zunächst fremd und wird häufig als Quelle von Angst und Unsicherheit identifiziert. Nicht selten werden Change Prozesse, insbesondere von langjährigen Mitarbeitern, nur zögernd angenommen oder gar bekämpft. Einrichtungen, die einen partizipativen Führungsstil pflegen, berichten seltener über Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Veränderungsmaßnahmen. Bei neu eingeführten oder veränderten Prozessen sollten die Mitarbeiter der jeweiligen Bereiche sowie deren Schnittstellen systematisch in die Veränderungsmaßnahmen mit einbezogen werden, von der Planungsphase bis zur Evaluation. So können sie sich mit ihrer Expertise der Arbeitsorganisation einbringen, eine aktive Rolle im Veränderungsprozess einnehmen und größere Zufriedenheit aus optimierten Arbeitsabläufen schöpfen. So empfinden sie die Veränderungen nicht als fremdverordnet, sondern als selbstbestimmt und tragen sie deshalb mit.
Fazit
Die konsequente Einbindung der Mitarbeiter von Beginn an entscheidet über Erfolg oder Misserfolg von Maßnahmen. Ein weiterer zentraler Baustein im kontinuierlichen Prozess zur Verbesserung der Unternehmenskultur sind verlässliche Daten zur Arbeitssituation aus Mitarbeiterperspektive. Hierbei kann die gute Zusammenarbeit, etwa mit der Arbeitnehmervertretung, zu einer hohen Akzeptanz und größerer Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Erhebung der Daten sowie Umsetzung von Maßnahmen führen. Eine zeitnahe und strukturierte Kommunikation zwischen den relevanten Schnittstellen sowie die regelmäßige Information aller Mitarbeiter sind kritische Erfolgsfaktoren, deren Bedeutung von der Führung nicht unterschätzt werden darf, denn Kommunikation ist zwar nicht alles, aber ohne gute und zielgruppengerechte Kommunikation ist alles nichts.
Last but not least: Wertschätzender Umgang und Respekt sind elementare soziale Bedürfnisse, die Zufriedenheit erst ermöglichen. Erfolgreiche Führungskräfte wissen um die Bedeutung von soften Loyalitätsfaktoren und richten ihren Führungsstil daran aus.
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