Rege Diskussionen beim Kaminabend des „Sozialen Zirkels“ mit Redakteur Andreas Schnadwinkel
Wer nicht dabei war, hat sicherlich etwas verpasst. Denn der jüngste Kaminabend mit Redakteur Andreas Schnadwinkel im Bielefelder Hotel „Golden Tulip“ bot Mitgliedern und Freunde des „Sozialen Zirkels“ wieder einmal viel Stoff für regen Gedankenaustausch und engagierte Diskussionen. „Gesellschaftlicher Zusammenhalt – wie stark ist er bedroht?“ lautete das Thema des Abends. Es stieß bei den etwa 30 Teilnehmern auf großes Interesse. Die Meinungen darüber, was unsere Gesellschaft trotz vieler unterschiedlicher Prägungen und Meinungen zusammenhalten kann, lagen am Ende gar nicht so weit auseinander.
Stadt gegen Land, Junge gegen Alte, Ost gegen West, Klimaschützer gegen Autofahrer – die Zahl der gesellschaftlichen Konflikte nimmt seit einigen Jahren erheblich zu. Dies machte Andreas Schnadwinkel, Redakteur im Politik-Ressort beim Bielefelder Westfalen-Blatt, in seinem Eingangsreferat deutlich. „Das Zusammenleben in unserem Land entwickelt sich extrem auseinander“, hat er beobachtet. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Milieus seien in den vergangenen Jahren immer tiefer geworden.
Als einen der Gründe hierfür sieht er, dass die unterschiedlichen Weltanschauungen inzwischen weit auseinander klaffen. „Junge urbane Eliten wollen zum Beispiel der Landbevölkerung Stromtrassen und Windräder aufzwingen.“ Das löse bei ihnen ebenso wie die Verteufelung des Autos oder die Verharmlosung des Wolfsproblems Wut aus. Solche und andere Konflikte führten dazu, dass die „empörte Mitte“ auf dem Land immer größer werde. Im Osten Deutschlands sei sie inzwischen das stärkste politische Milieu.
Der Referent machte deutlich, dass sich viele Gruppen der Gesellschaft inzwischen in ihrer Identität bedroht fühlen. Dies hängt seiner Ansicht nach auch mit der hohen Zahl von Einwanderern zusammen. Er zitierte in diesem Zusammenhang den Oxforder Ökonomen Paul Collier, der der Meinung ist, dass ein gewisses Maß an kultureller Verschiedenheit einer Gesellschaft nutzt, zu ungleiche Gesellschaften dagegen negative Folgen haben können. Schnadwinkel gab darüber hinaus zu bedenken, dass Einwanderungsländer seiner Meinung nach auf Dauer nicht mehr in gleichem Maße wie bisher Wohlfahrtsstaaten sein können. Wenn Sozialleistungen eines Tages abgesenkt werden müssten, werde das zu weiteren Konflikten mit der einheimischen Bevölkerung führen.
Die anschließende Diskussion, die Olaf Hanke moderierte, machte deutlich, dass die Diagnose einer sich weiter auseinander entwickelnden Gesellschaft grundsätzlich geteilt wird. Was aber daraus folgt und wie die unterschiedlichen Positionen zusammen finden können, darüber gingen die Meinungen allerdings auseinander. Eine Konsequenz zog Dr. Alfred Schulz, der zum ersten Mal an einem Kaminabend des „Sozialen Zirkels“ teilnahm: „Wir müssen in hohem Maße kompromissfähig werden“, meinte er. Wolfgang Riewe stimmte ihm zu und schlug vor, zu versuchen, in Gesprächsforen künftig Menschen aus gegensätzlichen Lagern an einen Tisch zu bringen.
Als ein solches Forum verstehe sich auch der „Soziale Zirkel“, sagte Wolfgang Stender, Vorsitzender des „Sozialen Zirkels“, in seinem Schlusswort. Er rief dazu auf, sich über die Grenzen von Milieus und Parteien hinweg für den Zusammenhalt der Gesellschaft und den Erhalt der Demokratie zu engagieren.
Text: Wolfgang Riewe