Schulabgänger müssen besser über die verschiedenen Ausbildungsangebote informiert werden
Alarmierend hoch soll laut Medienberichten die Zahlen der Jugendlichen sein, die vorzeitig Ausbildung oder Studium abbrechen. Zahlen, die für den „Sozialen Zirkel“ Anlass waren, sich bei einem Kaminabend am 22. März 2019 im Hotel „Lindenhof“ Bethel mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen.
Vorsitzender Wolfgang Stender konnte dazu mehr als 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen, die sich lebhaft an dem von Wolfgang Riewe moderierten Gespräch beteiligten:
- Wie können Schulabgänger auf ihrem Weg ins Berufsleben besser begleitet und unterstützt werden, damit Ausbildungsabbrüche verhindert werden?
- Auf welche Weise können Experten und Menschen mit langjähriger Berufserfahrung ihnen dabei helfen?
Kompetente Antworten auf diese Fragen gaben an diesem Abend Dörte Husmann vom „Career Service“ der Universität Bielefeld, Ann-Kathrin Stender (Deutsche Telekom AG) und der Fachhochschul-Student Kevin Meger.
Dörte Husmann, die an der Universität Bielefeld Studierende bei der Berufsorientierung unterstützt, gab zunächst einmal Entwarnung. Die Zahlen über Studienabbrüche seien viel zu hoch gegriffen. Oft wechselten Studierende nur von der Uni zu einem dualen Studium in der Wirtschaft oder zur stärker praxisorientierten Fachhochschule. Fakt ist aber, dass es für Schulabgänger heute sehr viel schwieriger ist, den für sie passenden Beruf zu finden, da die Zahl der Ausbildungs- und Studienangebote immer komplexer geworden ist. Auch haben Jugendliche ebenso wie ihre Lehrer von vielen Berufsbildern keine genaue Vorstellung.
Die Angst, sich falsch zu entscheiden, sei sehr groß, sagte Dörte Husmann. Sie riet zu grundsätzlicher Offenheit und einer schrittweisen Klärung beruflicher Ziele. Zunächst müssten sich die Schulabgänger die eigenen Stärken und Schwächen bewusst machen und die Neigung zu bestimmten Tätigkeitsfeldern erkennen. Praktika in Betrieben und die Begegnung mit Berufserfahrenen seien weitere Schritte zur Klärung.
„Es gibt planbare und unplanbare Wege“, stellte Husmann fest. Hilfreich für die Orientierung sei die Berufsberatung, der Besuch von Berufsmessen und das Gespräch mit Ansprechpartner aus dem ins Auge gefassten Tätigkeitsfeld. Zweifel auf dem Weg zum passenden Beruf sind für sie „ganz normal“, eine Umorientierung keine Schande. Wenn sich nach einiger Zeit herausstelle, dass eine begonnene Ausbildung oder ein Studium nicht die richtige Wahl gewesen sei, brauchten Jugendliche beim Neustart unbedingt die Unterstützung der Eltern. Denn: „Umwege erweitern den Horizont.“
Wie Umwege nicht nur den Horizont erweitern, sondern auch zum Ziel führen können, darüber berichteten an diesem Abend Ann-Kathrin Stender und Kevin Meger. Ann-Kathrin Stender hatte nach dem Abitur, als sie nach dem richtigen Weg suchte, zunächst ein Jahr am Berufskolleg die Höhere Handelsschule für Abiturienten besucht. Danach entschied sie sich für ein duales Studium bei der Deutschen Telekom. Die enge Verbindung von Theorie und Praxis des dualen Studiums gefiel ihr gut. So konnte sie sich beruflich und persönlich erfolgreich weiterentwickeln.
Ganz ähnlich erging es Kevin Meger, der ebenfalls zunächst ein Studium begann, dann aber von der Uni an die Fachhochschule wechselte. Die größere Praxisnähe und die gute Verbindung der Dozenten zu den heimischen Unternehmen waren für ihn Gründe, sich für die FH zu entscheiden. Gemeinsam mit Kommilitonen beschloss er, sich bei der studentischen Unternehmensberatung („STUNT“) zu bewerben und sich zu engagieren. Jetzt sieht er sich gemeinsam mit seinen Mitstudenten ebenfalls auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft.
Kevin Meger plädierte für längere Berufspraktika während der Schulzeit und bessere Informationen für Schulabgänger über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten. In die gleiche Kerbe schlug Dörte Husmann. Statt sich nach dem Schulabschluss für ein Jahr in Richtung Australien zu verabschieden, sollten Schulabgänger ihrer Meinung nach diese Zeit lieber für die Berufsorientierung nutzen. In dieser Zeit in verschiedene Unternehmen hinein zu schnuppern und sich über die unterschiedlichen Angebote von Universität, Fachhochschule und dualen Studiengängen zu informieren, sei sinnvoll und weiterführend.
Husmann sprach sich für eine „vernetzte Beratung“ von Arbeitsagentur, IHK, Handwerkskammer, Universität und Fachhochschule aus. So könnten Jugendliche alle Ausbildungsangebote kennenlernen. Auch Menschen mit langjähriger Berufserfahrung – wie die Mitglieder des Sozialen Zirkels – können ihrer Meinung nach Auszubildende und Studierende auf ihrem Weg ins Berufsleben hilfreich unterstützen. Welche Praxiserfahrungen die Mitglieder des „Sozialen Zirkels“ dabei genau anzubieten haben, dieses will sie gemeinsam mit ihnen demnächst in einem Workshop erarbeiten.