Veranstaltung KD-Bank Dortmund

Die Auswirkungen der Minus-Zins-Krise

Rückblick auf eine anregende Vortragsveranstaltung in der Dortmunder Bank für Kirche und Diakonie von Wolfgang Riewe.

„Die extreme Niedrigzinsphase wird uns in Europa noch länger begleiten.“ Dies prognostizierte Jens Koch, Direktor der Bank für Kirche und Diakonie, in seinem interessant und anschaulich gestalteten Referat vor Mitgliedern und Freunden des Vereins „Der Soziale Zirkel“ am 23. Juni 2016 in Dortmund. Diese von der Europäischen Zentralbank gesteuerte Geldpolitik habe nicht nur für Sparer gravierende Auswirkungen, sondern auch für Stiftungen, Pensionskassen und Lebensversicherungen. So sei Stiftungen etwa per Satzung der Erhalt des Kapitals auferlegt, die Erträge aber reichten inzwischen nicht mehr aus, die eigentlichen sozialen Ziele zu erfüllen.

Wolfgang Stender, der Vorsitzende des „Sozialen Zirkels“, begrüßte in der Zentrale der Bank für Kirche und Diakonie am Dortmunder Schwanenwall die Teilnehmer, die in ganz unterschiedlichen Bereichen von Wirtschaft, Diakonie und Caritas tätig sind oder waren. Er dankte Direktor Jens Koch und Stiftungskoordinatorin Christiane Wicht-Stieber, dass sie sich bereit erklärt hatten, die derzeitige Situation an den Kapitalmärkten zu erklären und angesichts der Minus-Zins-Krise Handlungsoptionen für Geldanlagen gemeinnütziger Träger aufzuzeigen.

Wenn bei Stiftungen der Erhalt des Vermögens satzungsmäßig festgelegt sei, könnten die inhaltlichen Ziele der Stiftung oft nicht mehr erfüllt werden, beschrieb Jens Koch das Dilemma, vor dem viele Verantwortliche stehen. Die sozialen Einrichtungen, die mit den entsprechenden Ausschüttungen der Stiftungen gerechnet hätten, gingen leer aus. Um sie dennoch unterstützen zu können, müssten die Stiftungen zusätzlich Spenden einwerben. Um weiterhin auch aus dem Vermögen bescheidene Erträge zu erzielen, könne man in der Regel nach Rücksprache mit der Stiftungsaufsicht durchaus in risikoarme Mischfonds, Rentenpapiere oder Aktien investieren.

Hilfreiche Leitplanken für solche Investitionen seien Anlagerichtlinien, wie sie etwa die Evangelische Kirche im Rheinland hat, ergänzte Christiane Wicht-Stieber: „Sie schaffen Sicherheit und Handlungsspielräume und unterstützen die Verantwortlichen.“ Zuvor aber müssten die Vorstände einige Fragen beantworten:

  • Wie sicher und renditeorientiert soll die Anlage sein?
  • Wie viel Risiko (Verlust) verträgt die Stiftung?
  • Welche Anlageklassen werden für die Investitionen definiert?.
  • In welchem Umfang sollen ethisch-nachhaltige Kriterien berücksichtigt werden?

Eine breite Aufstellung und Risikostreuung sowie eine Orientierung an den genannten Anlagerichtlinien empfahlen Jens Koch und Christiane Wicht-Stieber den Teilnehmenden des „Sozialen Zirkels“. Es sei absehbar, dass Bankeinlagen künftig generell keine ausreichenden Renditen mehr erbringen würden. Daher seien noch mehr als bisher Modelle gefragt, die unterschiedliche Anlageformen wie Aktien, Rentenpapiere, Investment- oder Immobilienfonds kombinieren. Jens Koch riet dazu, gezielt und flexibel in die Kapitalmärkte zu investieren, dabei aber die Ertragsansprüche der gegenwärtigen Gesamtsituation anzupassen.

Investmentfonds bieten nach der Einschätzung Kochs gegenwärtig höhere Renditechancen als Einlagen. Sie könnten künftig sogar mit „Verwahrgebühren“ belegt werden. Um bei Fondsanlagen auch ethische Entscheidungskriterien zu berücksichtigen, wies Jens Koch auf den von der KD-Bank entwickelten Nachhaltigkeitsfilter hin, der 200 Kriterien für ethisch nachhaltige Kapitalanlagen einbezieht. Auf dieser Basis legt etwa die ebenfalls in Dortmund ansässige Versorgungskasse für Pfarrer/innen und Kirchenbeamte ihre Rücklagen an.

Koch wies darauf hin, dass Stiftungen und Privatanleger, die unter ethischen Gesichtspunkten anlegen wollen, guten Gewissens zum Beispiel in den „Fair-World-Fonds“ investieren können. Dieser berücksichtigt als erster Investmentfonds neben sozialen und ökologischen auch entwicklungspolitische Kriterien und steht dem Hilfswerk „Brot für die Welt“ nahe. Der Fonds hat inzwischen ein Anlagevolumen von 420 Millionen Euro und erzielt trotz der gegenwärtig hohen Schwankungen am Aktienmarkt durchaus gute Renditen.

Eine lebhafte Diskussion schloss sich den Impulsreferaten von Jens Koch und Christiane Wicht-Stieber an. Die Teilnehmenden bedankten sich bei ihnen für die fundierte Analyse und viele hilfreiche Anregungen.

Text: Wolfgang Riewe